Bereits die ersten Prepper/innen in der allerersten Folge lassen mich ratlos zurück: Es heißt, sie bereiteten sich darauf vor, dass sich die Magnetpole der Erde umkehren – der Nord- wird zum Südpol und umgekehrt. Was, wie Herr Prep »believes«, Folgen zwischen schweren Erdbeben und Verschiebungen ganzer Kontinente zur Folge haben könne. Statistisch passiere es alle 400.000 Jahre und gegenwärtig seien wir schon ein ganzes Stück »drüber« (300.000 Jahre, wenn ich mich recht erinnere). Also lege Frau Prep mit ihrem Mann in Texas ein kleines (schusssicheres!) Reservat aus Überseecontainern an, in dem sie wohl 15–20 Jahre überleben können. 50 Stunden pro Woche verwendeten sie auf Essen Einkochen, Schießübungen, Austüfteln von Energieversorgungseinrichtungen (Wind, Sonne, Scheiße) etc.
Eine junge Frau von Mitte 20 aus Houston glaubt, in ihrem Leben komme es mal zum Zusammenbruch der Ölversorgung. Sie nennt es (bestimmt 13 Mal in ihren 15 Minuten): »When the shit hits the fan.« Daher halte sie in ihrer leider nur 56 m² großen Wohnung Nahrung, Wasser etc. für den Ernstfall vor, hauptsächlich allerdings einen gepackten Notfallrucksack, um zum Vehikel am unbekannten Ort außerhalb der Stadt zu wandern, »and then I go to Mexico«. Wenn die Ölversorgung erlegen sei, herrsche in der Stadt Chaos, Raub und Totschlag – »but I’m a machine«: vier Stunden pro Tag trainiere sie, sechsmal die Woche.
Was auffällt: die Alle-gegen-alle-Mentalität der gezeigten Prepper*innen. Sie wirken wie vollständig atomisierte Individuen einer Gesellschaft, die für sie schon pre-doomsday gar keine mehr ist. Wichtiges Prepping-Element: irrsinnig viele Waffen mit entsprechender Munition; die anderen sind stets und bloß Feinde, das eigene Überleben will rücksichts- und erbarmungslos geschützt werden. Mit einem apokalypseartigen Zusammenbrechen der kompletten Infrastruktur scheint für sie zugleich die Zivilisation aufgehoben zu sein. Man ist in ihren Augen dann offenbar nicht mehr Individuum, sondern nur noch Exemplar einer Gattung.
Dass Katastrophenszenarien eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe sind, bei denen es gilt, möglichst vielen Menschen das Über- und Weiterleben zu ermöglichen, spielt für sie keine Rolle. Präjudizierte Asozialität bestimmt ihre Vorbereitungen; um nicht zu sagen: in die Zukunft projizierte.
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Was ich mich beim Schauen fragte: Wie schaffen es Leute, in einer Tour Dokus anzuschauen? Klar, im Falle einer apokalyptischen (Natur-)Katastrophe würde ich, auf mich allein gestellt, aufgrund meiner durch-und-durch-zivilisierten Unbeholfenheit wohl keine drei Tage überleben. Beim Schauen solcher Dokus allerdings stürbe ich schon nach drei Stunden. Die sensationalisierenden, gar alarmistischen, aber ruhig und mit fester Stimme vorgetragenen Kommentare aus dem Off, die schnellen Schnitte, die teilweise willkürlichen illustrativen Bilder (in diesem Falle: beliebige Riots und das ein oder andere katastrophale Naturereignis), der leicht erkenn- und durchschaubare dramaturgische Aufbau, und über allem thronend das Bewusstsein darüber, praktisch alles Gezeigte unterliege einer gewissen Gemachtheit und der Ausdruck »Reality TV« lüge höchstens bei den Candid shots im Hintergrund nicht – das ist zu viel für mich.
Nach diesen 45 Minuten würde ich nicht behaupten, etwas über Prepper*innen zu wissen; höchstens etwas über die Sendung »Doomsday Preppers«.