Ganz und gar nicht komisch: Die »Hilfsgemeinschaft auf Gegenseitigkeit der Angehörigen der ehemaligen Waffen-SS e. V.« (HIAG)

Im zweiten Band von Marie Marcks’ gezeichneter Autobiografie, Schwarz-weiß und bunt (München: Frauenbuch Verlag 1989), lese ich in ihren Berichten vom USA-Jahresaufenthalt 1957 über Nachrichten aus der BRD: »Die KPD wurde als verfassungsfeindlich verboten, ehemalige SS-Angehörige hingegen schlossen sich legal zur HIAG zusammen. Den Kindern, sonst nett aufgenommen, wurde ab und zu ›Nazi‹ nachgerufen.« HIAG? Davon habe ich ja noch nie gehört. Wikipedia weiß:

»Die Hilfsgemeinschaft auf Gegenseitigkeit der Angehörigen der ehemaligen Waffen-SS e. V. (HIAG) wurde 1951 als ›Traditionsverband‹ in Deutschland begründet. Die Gründer, Funktionäre und Redner waren verschiedene Offiziere der Waffen-SS. Der Bundesverband löste sich 1992 auf, regionale Organisationen existieren aber vereinzelt weiter. Die HIAG wurde zeitweilig als rechtsextremistisch vom Verfassungsschutz beobachtet und war bei der Bevölkerung und in den Medien ab den 1960er Jahren zunehmend umstritten.« Umstritten sein und Beobachtung durch den VS machen Rechtsextremen das Leben extrem schwer, man kennt es. »Eines der erklärten Ziele der HIAG war die Änderung der gesellschaftlichen und juristischen Wahrnehmung der Angehörigen der Waffen-SS als normale Soldaten.«

Na servus. Außerdem: »Die HIAG hatte von ihrer Gründung bis in die 1970er Jahre nicht nur erheblichen Einfluss im Netzwerk der Soldaten- und Traditionsverbände, sondern pflegte auch intensive Kontakte zu den im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien. Sie erreichte so für die ehemaligen Angehörigen der Waffen-SS deren ›Rehabilitierung‹ und uneingeschränkte Rentenversorgung, während die Parteien im Gegenzug hofften, durch solche Zugeständnisse die Mitglieder und Anhänger der HIAG in die demokratische Gesellschaft zu integrieren und ihre Wählerstimmen zu gewinnen. Erst in den 1980er Jahren kam es zur Distanzierung: CDU-Bundestagsabgeordnete beendeten ihre Mitarbeit; die SPD beschloss die Unvereinbarkeit, da die HIAG ›dazu beiträgt, nationalsozialistisches Gedankengut zu vertreten bzw. zu verharmlosen‹.« Danke, SPD, dass ihr schon nach 30 Jahren die Unvereinbarkeit mit einem Verein zur Rehabilitierung ehemaliger Waffen-SSler beschließt! Was euer Vorzeigemitglied und Waffen-SS-Mann Günter Grass da wohl gedacht haben mag?

Weiter lese ich, zu den Waffen-SS-Männern gehörte u.a. ein gewisser »Otto Beisheim (Metro-Mitbegründer, Unternehmer): 1. SS-Panzer-Division ›Leibstandarte SS Adolf Hitler‹«. Einleitend weiß dessen Wikipedia-Eintrag: »Otto Beisheim (* 3. Januar 1924 in Vossnacken bei Essen; † 18. Februar 2013 in Rottach-Egern) war ein deutsch-schweizerischer Kaufmann, Unternehmer und Mitgründer des Metro-Konzerns.« Erst unter »Leben« heißt es im Abschnitt »Zweiter Weltkrieg«: »Im Oktober 1942 trat Beisheim freiwillig der Waffen-SS bei und diente zeitweise als SS-Sturmmann (entspricht Gefreiter) in der SS-Division Leibstandarte Adolf Hitler an der Ostfront.« In Berlin steht seit 2004 fröhlich das Beisheim Center, »Otto Beisheim ließ es für 463 Millionen Euro errichten.« Dass der Bauherr und Namensgeber Waffen-SS-Mann war, davon weiß der hübsche Beisheim-Center-Eintrag freilich nichts.

Und nichts davon, aber auch gar nichts, erfährt man z.B. im bayerischen Geschichtsunterricht. Dass die BRD von ihrer Gründung an in Politik, Wirtschaft, Juristerei etc. von Nazis durchsetzt war, denen ein bequemes Auskommen verschafft wurde, während die Überlebenden von Holocaust und Porajmos sowie die Opfer und deren Hinterbliebene nach wie vor menschenunwürdig behandelt wurden, darüber lernt niemand etwas. Stattdessen bekommen die Schüler*innen etwas von »Entnazifizierung« und Wirtschaftswunder unter Adenauer und Erhard vorgelogen. Um etwas vom realen Dreck zu erfahren, musst du konkret o.ä. lesen, oder eben bei Marcks drüberstolpern. Es ist doch alles so verkommen.

Naja, ein bisschen weiterlesen könnte eins hier: https://en.wikipedia.org/wiki/HIAG

»Chocomel – ein Original«

Wenn ein Getränk sich bescheiden und vor allem kollegial »ein Original« nennt, ist meine Sympathie ihm sicher. Es erinnert mich an die herzerwärmende Aufschrift über einer Nürnberger Dönerbude: »Ein Besonderes unter den Besten«.
Gesehen habe ich dieses Schokoladengetränk am 4.5.21 zum ersten Mal, im Kühlregal einer Tankstelle. Weniger süß als die Mitbewerber aus den Getränkekartons und Flaschen – was ich sehr begrüße –, aber auch etwas »dünner« – was ich weniger begrüße –. 7,7/10