Die objektiven Nachteile von ICs gegenüber ICEs

  • Die „Tische“ der Vierersitze sind echt nur frühstücksbrettchengroß.
  • Es gibt keine Sonnenschutzrollos an den Fenstern. Die Sonne haut einem z. B. früvormittags erbarmungslos ins Gesicht, wenn man schlecht sitzt.
  • Wagennummer im Inneren nicht erkennbar (= kein cOmFoRt cHeCk iN, ohne noch mal aufzustehen)
  • Man kommt sich vor wie ein Mensch dritter Klasse. Beim Ausstieg zeigen sogar die Regionalbummelbahnfahrer mit den Fingern und lachen.
  • Die Außenwände der Züge sind lieblos unkreativ senkrecht, nicht so cool gewoelbt wie bei ICEs. Das Waggondach hingegen ist wulstig wie in der Transsibirischen Eisenbahn 1837.
  • Es gibt viel weniger Vierersitzplätze als in ICEs. Hier geht es offenbar nur darum, möglichst viele Personen (z. B. Fußballfans und Fahrradfahrer) hin und her zu fahren, die sich gefälligst mit einer Rückenlehne vor der Nase statt mit cugewandten leeren Sitzen oder gar attractiven Personen gegenüber zu begnügen haben.
  • In den Closetts nur Gebläse statt vernünftiger Trocknungspapeterie.
  • Als Seifenspender ist eine Art Pfeffermühle installiert. An der muss eins drehen, dann rieselt Seifenpulver herunter, das wohl von einem massiven Seifenblock abgeraspelt wird. Das muss man dann erstmal mühsam zu Schaum verreiben, wobei eins nie alle Körner wegkriegt. Unangenehm. Und es ist wohl einfach eingetrocknete HAKA Neutralseife, jedenfalls stinkt sie so.
  • Der Mann des Vierersitzes neben mir kam von einem kleinen Ausflug zurück und torkelte erst mal bei mir rein und gegen meinen Koffer, bevor er in sein Gelass sank. Um 10 Uhr vormittags und wir fuhren nicht mal eine Kurve. Das passierte mir in würdevollen Zügen nie.
  • In Fulda steigt tatsächlich einer ein und hockt sich in den Vierer nebenan, der in der hinteren Jeanshosentasche zwei Tageszulassungs-Nummernschilder mit roter Nummer stecken hat! Im Verein mit seinen willkürlichen, unmöglich anders als blindlings ausgesuchten Nike-Turnschuhen und der dunkelgrünen Frühlingsjacke, offen, mehr als lächerlich. Unter keinen Umständen darf sich jemand solche Schilder einfach in die, pardon: Arschtasche stecken! Wenn nicht mindestens ein Beutel zur Hand ist, dann müssen die in der Hand mitgeführt werden. Das ist ja wie bei Matthias K., dem Typen aus der Realschule damals, der seine mit mittelscharfem Sempft freilich überquellend bestrichenen Leberkäsesemmeln vom Pausenverkaufsstand hinaus auf den Pausenhof in der Hosentasche transportiert hat. Ich muss es noch mal schreiben, so wenig glaublich ist das: Eingesempfte Leberkäsesemmeln in der Hosentasche transportiert. Aber zurück zum Fahrgast: Es würde mich nicht wundern, wenn ihm schlicht polizeilich verboten wurde, am Straßenverkehr teilzunehmen. Stellt sich qua Handytelefonat raus, er ist Gebrauchtautohändler. Er exemplifiziert ihn: Den ideellen Gesamt-IC-Fahrer!
  • Unser Halt in Fulda verlängert sich, »da«, so die Schaffnerin über die Lautsprecher, »Fahrgäste nicht aussteigen.« Die einfachsten Sachen beherrschen sie nicht, die IC-Benutzer*innen!

Meine Forderungen sind so schlicht wie unmittelbar einsichtig: ICs abschaffen. Die »1. Klasse« der ICEs egalisieren. Gleiche Fahrt für gleiche = alle Menschen. Die abgeschafften ICs können meinetwegen im Ruhrgebiet als S-Bahnen benutzt werden.

Fahrvergnügen

Kürzlich las ich beim Kollegen Gaitzsch in einem premortem veröffentlichten Nachruf auf das 9-€-Ticket, in dem von vorne bis hinten alles stimmt (außer vielleicht, dass die Deutsche Bahn meines Wissens jeden Sommer an ihre Grenzen kommt), den schönen Ausdruck »Fahrvergnügen«. Und der bescherte mir eine schöne, lange verborgen gewesene Erinnerung:

Um die Jahrtausendwende betrieb ich mit Freunden das sogenannte Aggressive (Inline) Skating, jene Ausprägung des Rollschuhsports, bei dem eins ähnlich wie beim Skateboarden grindet, springt und über Rampen/in Halfpipes herumdonnert. Wir taten dies bei uns aufm Dorf in den Straßen der Wohnsiedlung auf selbst zusammengedengelten Rails. Einen Skatepark ließ die Gemeinde erst errichten, als wir schon lange kein Interesse an der Grinderei mehr hatten.

Ein Glück, dass Vater auf dem Dachboden für gottweißwelche Reparaturanlässe eine gewisse Menge Alteisen und irgendwelches Holzgebälk vorhielt sowie in der Werkstatt im Keller über einen Elektrodenschweißapparat und anderes halbschweres Werkgerät verfügte. Zwar standen aus den damit gebauten Grind-Möbeln (?) die ein oder andere Schraube und vielleicht ein Nagel oder zwei heraus, weswegen wir nicht gänzlich bedenkenlos über die Rohre und Kanteisen sliden konnten, aber was anderes hatten wir halt nicht. Unsere Philosophie war

Auch eine Rampe hatten wir. Das heißt zwei Bierkästen, denen je ein Holzbrett angelegt wurde, so dass uns das eine Brett als Startrampe in die Luft erhob und das andere als Landebahn wieder empfing. Das machten wir einen Nachmittag lang, bis einer von uns mit dem Hubschrauber ins Krankenhaus geflogen wurde, weil er beim Landen auf dem schrägen Brett nach hinten weggekippt war und sich beim Aufprall eine Elle oder Speiche gebrochen hatte. Halt, stop: Langweiligerweise wurde er mit dem ebenfalls schnell wie die Feuerwehr herbeigeeilt gekommenen Krankenwagen abtransportiert und der Hubschrauber flog so leer davon, wie er angebrüllt gekommen war.

Ich selbst rutschte einmal bei einem Grind, den ich noch nie zuvor ›gestanden‹ hatte, so unglücklich weg und knallte mit dem Steißbein derart schmerzhaft aufs Eisenrohr, dass ein Freund sich vor Lachen nicht mehr einbekam, weil ich nur noch gotterbarmenswürdig klagen konnte. Der versuchte, fast super vollführte Grind hieß Shifty. Wie fast alle Grinds hatte auch er einen englischen Namen. Aber einer der Grinds – und jetzt bekommt dieser Beitrag seinen Sinn – hieß, auch im englischen Sprachgebrauch: Fahrvergnügen! Den konnte ich aber, wie die meisten anderen Grinds, leider nicht. So sieht er aus: https://youtu.be/FDHXz84OmjE. Der erwähnte Shifty ist, wenn ich mich recht erinnere, der gleiche Grind, nur dass die Füße in die andere Richtung abgewinkelt werden.

Denke ich an dieses Sportvergnügen zurück, wundere ich mich jedes Mal, wie wenig wir uns dabei verletzt haben. Es muss das Glück der Dummen/Pubertierenden gewesen sein. Schon wie läppisch wir die Skates zugeschnürt/festgezurrt haben, nämlich gar nicht! Denn wir wollten uns, so leicht es eben ging, ›reinlegen‹ können und möglichst lässig aussehen. Wenn ich heutzutage nur daran denke, spannen meine Bänder und Sehnen bis kurz vorm Reißen an.

Was ich mich bei dem Thema stets frage: Kennt überhaupt jemand das Aggressive Skaten? Ich jedenfalls habe bei jeder der äußerst seltenen Erwähnungen das Bedürfnis, diesen Ausdruck/Sport erklären zu müssen, weil ich glaube, niemand kennt das. Schon früher war ich der Meinung: »Skateboarden, klar, kennt jede*r, haben alle schon mal gesehen, können Krethi und Plethi bezeichnen, und selbst Walter Krämer vom Verein Deutsche Sprache dürfte ein Bild von diesem Rollbrettsport vor Augen haben – aber Aggressive Skaten?! Kennt doch kein Mensch!«

Neue U-Bahnzüge, verspätet

09.02.2022 | Jetzt, wo ich zwei Jahre nicht mehr in Nürnberg wohne, haben sie auf ›meiner‹ Linie U1 niegelneue Züge, den, was den diesländischen ÖPNV angeht, neuesten Shit. U. a. mit automatischen Türen. Nie mehr von Schlurfis bloß einblattig, d. h. hälftig geöffnete Ein-/Ausstiege. Wahrscheinlich nie mehr durchdrehende Heizungen unter den Sitzen, die sich nicht mehr abdrehen lassen und Waggons hochheizen bis zum Abheben. Am Bahnsteig Ankunftszeitanzeiger für die nächsten beiden Züge. Mir wäre das alles auch schon zugestanden imho

Idee für die politische Karikatur der Süddeutschen Zeitung:

Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans wollen mit dem bereits an den Schienen angerosteten Scholzzug Robert Habecks edle vitale Schlachtrösser überholen (auf einem sitzt Annalena Baerbock). Das Streckenziel wäre zu beschriften mit »R2G«, es liegt hinter einer bombenfest gemauerten Wand. Zug/Pferde böten auch ordentlich Platz für Beschriftungen aller Art.

Mein Maddin-Schneider-Moment

18.02.2018 – Heute im IC-Bordresraurant hinter Martin »Maddin« Schneider – dem Sat.-1-Comedien mit dem Trademark »Aschebeschä« für »Aschenbecher« –  angestanden. Unverkennbar zu erkennen war er nicht am Aussehen, denn er hat einen ganz normalen Rücken und überhaupt von hinten eine äußerst gewöhnliche Erscheinung, sondern an der Stimme. Er spricht ›in echt‹ genau so wie als Bühnenfigur, d.h. mit tiefhessischem Dialekt und großvolumigen Mundbewegungen, die etwa die »sch«-Laute so markant machen.

Angesprochen hab ich ihn freilich nicht. Nicht etwa wegen Starstruckedness oder so, sondern er soll ja wie jede*r andere seine Ruhe haben können. Und wenn mir das aber egal wäre: Was sagst du denn zu einem Comedien, den du zuletzt vor 13, 14 Jahren auf Sat. 1 gesehen hast und nie lustig fandest, weil bloße Komisierung von Dialekten zumeist dämlich und das Lachen darüber schäbig ist, im Falle von ostentativer geistiger Langsamkeit sowieso?

Fun Fact im vollen Wortsinne: »Schneider hat eine Zwillingsschwester namens Martina.« (Wikipedia) Die Zwillinge Martina und Martin also; da kommt Maddins »Humor« scheint’s nicht von ungefähr.

Eisenbahngschichtn (2)

Auf der Eisenbahnstrecke Neumarkt-Regensburg hält die Regionalbahn Agilis u.a. in Seubersdorf in der Oberpfalz. Die Gemeinde Seubersdorf ist ca. 5000 Einwohner stark. Das Stärkste an Seubersdorf ist ein Graffito am Bahnhofsgebäude: «Rap is back!» Das ist sehr schön, ohne Rap war es bestimmt recht fad in Seubersdorf. Es fragt sich allerdings: Warum war der Rap weg aus Seubersdorf? Und wenn er Seubersdorf schonmal verlassen hatte, warum kam er wieder zurück?
Seubersdorf!, behandle Deinen Rap in Zukunft gefälligst gut, damit er Dir nicht wieder abhaut!

Eisenbahngschichtn (1)

Auf der Eisenbahnstrecke Neumarkt-Regensburg hält die Regionalbahn Agilis u.a. in Batzhausen. Die Stimme aus dem Lautsprecher vermeldet kurz vor dem Halt freundlich: «Nächster Halt: BATZhausen». Ich muss dann immer an den ehemaligen Fußballtorwart Sepp Maier denken, weil der hatte mal einen Hund, der Batzenhofer hieß. Und wer nennt seinen Hund schon Batzenhofer.

Übrigens: Batzenhofer, benannt nach einer Berliner Gastwirtschaft namens «Zum Batzenhofer» und 2007 bester Hund Bayerns, musste leider im November 2012 eingeschläfert werden. Wenn Sepp Maier einmal gestorben sein wird (ad multos annos, Sepp!), wird man Kindern auf die Frage, wo Sepp Maier jetzt sei, antworten können: «Zum Batzenhofer.»