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Ohne zu googlen oder chatgpten : Aus dem Wikipediaeintrag zu welchem Film stammen die folgenden beiden wunderhübschen Zitate?

»Roger Ebert schrieb in der Chicago Sun-Times, dass der Film derart dämlich sei, dass der Zuschauer auf die Leinwand starre und seinen Augen nicht glauben könne. Es gebe keine lustige Szene.« Hahaha.

»Im Vorfeld der Produktion streute Arnold Schwarzenegger in Hollywood absichtlich das Gerücht, die Hauptrolle in dem Film übernehmen zu wollen, nur um seinen damaligen Rivalen Stallone zu ködern. In Wirklichkeit hielt er das Drehbuch für ›äußerst schlecht‹.« Hahahaha!

Kann Karate: Cobra Kai

Was mich davon abgehalten hatte, Cobra Kai (2018–, YouTube, mittlerweile Netflix) zu kucken? Zunächst good old-fashioned ein Vorurteil. »Cobra Kai?! Das ist doch bestimmt so eine deutsche Müllserie über einen Typen namens Cobra Kai. Zur Hölle damit, das sehe ich mir nicht an!«, hatte ich bei Netflixens Aufdrängversuchen gedacht. Dass ich die Karate-Kid-Filme, die die Serie fortschreibt, gesehen hatte, war viel zu lange zurückgelegen, als dass ich mich erinnert hätte, dass Cobra Kai der Name des ›bösen‹ Dojos ist, in dem der ›Bösewicht‹ Johnny Lawrence vom Imperator-Palpatine-artigen, vietnamgeschädigten Sensei John Kreese miese Tricks und Gnadenlosigkeit à la dark side of the force beigebracht bekommt. Um dann vom ›Gutewicht‹ Daniel LaRusso – der vom popkulturell allseits bekannten, Master-Yoda-artigen Mr. Miyagi nach Art der light side of the force in die Karatekunst eingewiesen wird – im Finale des Regionalturniers per (verbotenem?) Kranich-Kick umgehauen zu werden.

Vor kurzem brauchte ich irgendeinen Netflixquatsch, der mich immer mal wieder eine halbe Stunde schlicht unterhielt. Und dann klickte ich auf Cobra Kai. Die erste Folge hätte mich dann beinahe für immer von der Serie ferngehalten. Denn sie vermittelt den Eindruck, als sei die Serie platter 80er-in-Reminiszenzen-schwelg-Kack, der sich ähnlich ostentativ wenig ernst nimmt wie der unerträgliche Comedy-Horror-Mist Ash vs. Evil Dead (2015–2018, Amazon). Als hätten die Produzent*innen versucht, aUgEnzWiNkErNd ein 80er-Karateserien-Revival zu drehen. Was ich fürchterlich anstrengend fand. Beim Nostalgieschmarren Stranger Things etwa hatte ich mich durch die erste Staffel gequält, um zumindest zu erfahren, wie sie ausgeht. Was ich schon wieder vergessen habe. Nach S2E1 hatte ich endgültig kein Bock mehr, weil »Dig-Dug-Spielautomat« hier, »Coca Cola« da – solchen »früher war alles besser«-Schmonzes ver-, ja: verachte ich, weil’s früher nicht besser war und uns diese ewige Leier um eine bessere Zukunft bringt.

Dann beging ich den ›Fehler‹, mir doch die zweite Cobra-Kai-Folge anzusehen, und die zog mich in den Bann. Es macht unglaublich viel Spaß zu sehen, wie Karate-Kid-›Bösewicht‹ Johnny Lawrence in seiner Lebensmitte (live long and prosper!) bei seinem Versuch gezeigt wird, seinen vom »Strike first! Strike hard! No mercy!«-Dojo Cobra Kai verkorksten Lebensweg zu begradigen und alte Fehler zu beheben, zuvörderst bei sich selbst. Er belebt das alte Dojo wieder und will daraus eine zeitgemäße Karateschule ohne die alte Unmoral machen. Ebenso spaßig ist es, wie Karate-Kid-Protagonist Daniel LaRusso als erfolgsverwöhnter Luxusautohaus-Besitzer in North Hollywood mit Vorzeigefamilie und -leben als einer gezeigt wird, der sich immer auf der guten Seite wähnt und sich daher gar nicht vorstellen kann, auch mal daneben zu liegen. Was er aufgrund seines mitunterigen Tunnelblicks nicht selten tut.

Bisweilen ist die Serie gleichwohl etwas grob. Johnny Lawrence bietet sich dar als in den Achtzigern hängengebliebener Vorgestriger. Was eleganter zu zeigen wäre als dergestalt, dass er das Internet niemals benutzt hat, URLs buchstabiert als »… full stop c, o, m« und seinen neu angeschafften Gebrauchtlaptop zurückbringt, weil »the battery went out«, ohne je das Ladekabel angeschlossen zu haben. Meine Güte, das ist selbst für Comedy zu albern. Bei seinem ersten Schüler, Miguel Diaz, gelang den Macher*innen das besser: Johnny findet zeitgenössische Musik freilich kacke und lässt nur Heavy Metal von vor 30 Jahren gelten. Miguel hört, weil er davon nie gehört hat, mal rein, und äußert Johnny seine Begeisterung, er sei sofort »hooked« gewesen und »went fully down the rabbit hole«, wie junge Leute heute so reden.

Ein bisserl zäh wird’s dann schon, alle bislang fünf Staffeln zu kucken, bspw. weil Figuren sich kaum entwickeln, die Handlung mitunter arg schablonenhaft ist und die Hauptdarsteller William Zabka (Johnny Lawrence) und Ralph Macchio (Daniel LaRusso) alles andere als feinziseliert nuanciert schauspielern spielen. Dass weder der eine noch der andere nach der Karate-Kid-Reihe Nennenswertes geschaffen hätte, nimmt nicht wunder. Der Handlungsverlauf überrascht an kaum einer Stelle, pflichtbewusst werden die Konflikte nach Schema F abgearbeitet.

Aber Spaß macht’s trotzdem. Verklagt mich doch, ich kann Karate. Wer bis hierher alles durchgelesen hat, macht jetzt 200 Liegestütze.

Filmkriwick, Quatsch: Filmkritik: John Wick

Mein Lieblings-Actionfilm in der Kindheit/Jugend war Terminator 2: Judgment Day. Das war für mich perfekte Action, keine Sekunde langweilte ich mich dabei. Entsprechend oft schob ich die Videokassette mit dem auf RTL aufgenommenen Film in den Rekorder. Etwa die Szene, in der der T-800 (Arnold Schwarzenegger) im 1. Stock des Cyberdyne-Systems-Hauptquartier steht und die vorgefahrene Polizeischar unten auf dem Parkplatz unschädlich macht, indem er nur die Fahrzeuge zerstört und aber niemanden verletzt oder gar tötet – oft spielte ich das und anderes zuhause nach.

Solche Actionfilme konnte ich, wo nicht im Free TV, bei einem Onkel sehen, der den Pay-TV-Sender Premiere (später: Sky) hatte. Während meine Eltern bei der Verwandtschaft in der Stube saßen und sie über irgendwelchen Erwachsenenkram laberten, saßen wir Kinder im Wohnzimmer und zogen uns Premiere-Videos mit Actionreißern wie The Punisher (1989) rein. Sowas wie die FSK-Beschränkung hielt den Onkel glücklicherweise nicht vom Screenen ab.

2010 bereitete mir dann The Expendables einige Freude, The Expendables 2 (2012) und The Expendables 3 (2014) ebenfalls. Waren das doch schöne Reminiszenzen an das Actionkino der 80er und 90er. Lustig fand ich, dass darin lauter mehr oder weniger abgehalfterte, jedenfalls outdated Actionstars vorkamen – und der noch normal ›im Geschäft‹ gewesene Jason Statham.

Vor kurzem sah ich dann John Wick (2014) mit Keanu Reeves als Auftragskiller im Ruhestand. Und huiuiui, das ist ja atemlose Action! Die obendrein inszenatorisch ohne Anbiederung an die 80er/90er auskommt, sondern Actionkino der 10erjahre ist. Wenngleich die Story ähnlich dünn und bisweilen unglaubwürdig ist wie die der 30 Jahre alten Vorfahren.

Auftragskiller im Ruhestand, in einem Actionfilm? Das bleibt freilich nicht lange so. Und John Wicks Wiedereinstieg in seinen abgelegten Beruf – der freilich nicht ohne Grund geschieht – wird standesgemäß inszeniert: Wick geht mit einem Vorschlaghammer in den Keller seiner Austragsvilla und haut vor lauter Wut den Betonboden auf. Als er dann unter allerhand Betonbrocken mit bloßen Händen anfängt zu graben, wird klar: John Wick lässt nicht bloß seinen Frust aus am Boden. Er will etwas freilegen. Und es ist keine große Überraschung, dass es sich um eine große Kiste mit allerhand Waffen und Munition handelt. John Wick hatte seine Auftragskiller-Vergangenheit begraben. Wohlwissend, dass sie nicht kompostierbar ist.

Spaß macht sie mir auch nach 25 Jahren noch, solche Actionblödigkeit: Wofür andere drei Personen, einen Presslufthammer und anderes Gerät bräuchten, das erledigt John Wick mit maximal einem Hammer. Es sollte niemanden wundern, wenn ich sage, dass im Film dann fast jeder Schuss/Schlag/Genickbruchgriff Wicks ›sitzt‹ und er mit Leichtigkeit Killerkommandos von ein bis drei Dutzend Mann ausschaltet.

Mittlerweile stört mich aber durchaus die bündige Ästhetisierung solcher Gewaltorgien mit allen optischen und akustischen Mitteln wie etwa technoider Industrial-Rock-Musik für den richtigen Tötungsrhythmus. So wird aus dem Ganzen eine harmonische Masse, in dem das Töten und Getötetwerden bloße Zutaten sind wie irgendeine Zutat einer Tafel Schokolade und deren Kinetik dem Tanz sehr viel mehr gleicht als dem unästhetisch-viehischen Streben nach Überleben.

Botschaft/Message hat John Wick überhaupt keine. Hier zeigt die Actionfilmindustrie, wozu sie in der Lage ist. Die anderen Teile kucke ich mir auch noch an.

James Bond, neu aufgelegt

James Bond – 007 jagt Dr. No, überprüft seine Dissertation, findet auffällig viele plagiierte Stellen und macht mithilfe seiner von Ihrer Majestät verliehenen Lizenz zum Aberkennen aus Dr. No im Handumdrehen no Dr.

Fortsetzung: 007 jagt schon wieder Dr. No! Denn dieser ist abermals promoviert – und zurück mit neuen Bösartigkeiten! Er hatte einfach seine bereits fast fertiggestellte Habilitationsschrift zur Promotion umgearbeitet und sie dann erfolgreich als solche verteidigt, und zwar alles wissenschaftlich sauber! Außerdem hat er bereits eine neue Habil »in der Pipeline« und sogar recht gute Aussichten auf einen Lehrstuhl und lebenslange Verbeamtung. Wie soll Bond ihm nun das Hand- bzw. Schreibwerk legen?

»Fabian oder Der Gang vor die Hunde« (Dominik Graf)

[zuerst erschienen in konkret 8/21]

Auf ihrem live gestreamten Spaziergang über eine Berliner Coronaleugner-Demo im vergangenen Sommer meint Fernsehmoderatorin Dunja Hayali mehrfach, Menschen »wirklich von ganz rechts bis ganz links« sehen zu müssen. Für »ganz links« hält sie demzufolge wohl rechte esoterische Hippies in Pluderhosen. Die autonome Antifa jedenfalls war nicht vor Ort. Wo sich Rechtsextreme tummeln, muss in diesem Land sofort auch vorm Linksextremismus gewarnt werden, denn der demokratiefundierenden Hufeisentheorie zufolge bedrohen beide »unsere Art zu leben«.

In die Kinos passt da gut die Verfilmung eines satirischen Kästner-Romans, mit der dieser »vor dem Abgrund warnen (wollte), dem sich Deutschland und damit Europa näherten«. Kästner mag die historische Erfahrung der Wirkungslosigkeit von Satire gefehlt haben, heutzutage braucht niemand mehr so naiv zu sein.

Außer dem »Tatort«- und »Polizeiruf 110«-Regisseur Dominik Graf, der den »Fabian« zwar nicht in die Gegenwart transponiert, ihn aber in dieser für noch die Blindesten gut sichtbar vertäut: Eingangs begleiten wir in einer Berliner U-Bahnstation der Jetztzeit zeitgenössisch schlecht gekleidete Personen über den Bahnsteig, durch den Tunnel und, ein Hakenkreuzplakat passierend, die Treppe hoch, und befinden uns oben im Jahre 1931, wo ein Weltkriegsversehrter dem am Geländer lehnenden Jakob Fabian sein Leid klagt. Mitten im Film laufen Figuren – ein bedeutungsschwangerer und mit acht Filmsekunden wenig subtil einmontierter Anachronismus – auch noch über Stolpersteine.

Niemand soll nachdenken müssen, ob Kästners Roman über die heutige Zeit noch etwas zu sagen hätte. Wenn Fabian, der sich überlegen dünkende bloße Beobachter der Verhältnisse, die Nazis hasst, für die kommunistische Agitation seines Freundes Stephan Labude aber nur Spötteleien und distanzierende Ironie übrighat, hängt die Leinwand voller Hufeisen, und die allermeisten können beruhigt sein.

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Deutschlands Künstlerhoffnung unserer Mütter, unserer Väter, Hauptdarsteller Tom Schilling hat ein anderes Problem des Films zwar verstanden, wenn er im Interview radebrecht: »Es ist gerade bei Roman-Verfilmungen manchmal so’n bisschen tricky, weil es wirkt dann doch alles sehr geschrieben. Und manchmal ist es besonders, da knallt es so raus, wenn man so Drehbücher hat, wo dann manche Sätze original sind aus dem Kästner-Text und manche halt vom Drehbuchautor. Das hörst du immer, das ist ’n ganz anderer Sound und so. Und dass das irgendwie zusammenfindet, dass man da den richtigen Ton findet als Schauspieler, das ist total schwierig.«

Der Film offenbart aber, dass es Schilling (wie auch seinen Kolleg*innen) bei aller Einsicht dann doch zu schwierig war. Einerseits lassen die Drehbuchschreiber ihre Figuren häufig Original-Sätze aus dem Roman aufsagen, etwa solche Fabians über Berlin: »Hinsichtlich ihrer Bewohner ist diese riesige Stadt aus Stein längst ein Irrenhaus. Im Osten residiert das Verbrechen, im Zentrum die Gaunerei, im Norden das Elend, im Westen die Unzucht, und in allen Himmelsrichtungen wohnt der Untergang.« Andererseits motiviert sich Labude, sich endlich zur gefürchteten Abgabe seiner Habilitationsschrift durchzuringen, als wäre er frisch gecoachter Marketinghanswurst im Coworking-Space: »Mit dir schaff’ ich das. Wir geben das gemeinsam ab. Jetzt!« Fabian: »Jaa!« Labude: »Jaaa!«

Aber wie soll ein zehnfacher Grimme-Preisträger wie Graf, der das Drehbuch mitverantwortet, sich Kästners Sprache auch anders annähern. »Fabian« krankt daran, dass Graf unbedingt eine emphatisch-literarische Literaturverfilmung sehr nah am Buch und doch »frei nach dem Roman« machen wollte – was seiner Ansicht nach zu bewerkstelligen ist, indem man der Vorlage allerhand Passagen wörtlich entnimmt und ansonsten drumherumzukästnern versucht. Wer sich diese Romanverfilmung ansieht, soll das Gefühl haben, das Buch gelesen zu haben. Doch am Ende klingt alles, wie deutscher Fernsehfilm nun mal klingt.

Die Off-Erzählstimmen, aufgeteilt in eine männliche und eine weibliche, sagen zumeist ebenfalls Originalsätze auf und erzählen uns entweder das, was zu zeigen man zu faul oder unfähig war, oder das, was wir ohnehin schon sehen. »Schaperstraße«, liest der Erzähler das Straßenschild mit der Aufschrift »Schaperstraße« vor und nagelt uns mit der »4« auch noch die gezeigte Hausnummer ins Hirn. Warum? Damit noch die Unkonzentriertesten (C. Lindner) sofort kapieren, dass Fabians Liebespartnerin Cornelia Battenberg im selben Haus ein Zimmer mietet wie er.

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Überhaupt: die Frauen im Film. Ein Feuilletonist kann selbsttrunken formulieren, »Fabian oder Der Gang vor die Hunde« sei »eine große, verzweifelte, zum Verzweifeln schöne Liebesgeschichte«, weil Graf die im Roman gar nicht derart präsente Liebesgeschichte zum zentralen Gegenstand aufbläht. Auch reibt er uns dick vor die Augen, wie sich Battenberg, die Rechtsreferendarin bei der Filmgesellschaft, dem Filmmogul Edwin Makart an den Hals und ins Bett wirft. Trägt sie im Film den Wunsch, Schauspielerin zu werden, schon mit ins Referendariat, ist es im Buch der lüsterne Makart, der ihr eine große Rolle anbietet.

Kästner lässt Battenberg das Geschlechterverhältnis diagnostizieren: »Wir sollen weinen, wenn ihr uns fortschickt. Und wir sollen selig sein, wenn ihr uns winkt. Ihr wollt den Warencharakter der Liebe, aber die Ware soll verliebt sein. Ihr zu allem berechtigt und zu nichts verpflichtet, wir zu allem verpflichtet und zu nichts berechtigt, so sieht euer Paradies aus.« Graf legt diese Worte Labude – als fast habilitierter Mann zum Urteilen freilich qualifizierter – in den Mund: »Was wir wollen, ist der Warencharakter der Liebe. Aber die Ware soll verliebt sein in uns.« Und die Selbstkritik ehrt ihn noch.

Keine der Frauenfiguren kommt im Film anders weg denn als verkommenes, verlottertes Weib – mit Ausnahme der guten Mutter Fabians. Für sie erfindet das Drehbuch wesentlich mehr Anteil und Funktion, die Marienhaft-Moralische vom Dresdner Umland soll die luziferischen Berlinerinnen kontrastieren. Wie reaktionär.

Schilling empfiehlt den Film unter anderem »allen, die ein Herz haben, oder so« und »allen, die gerne Filme gucken«. Jawoll, ihnen viel Vergnügen damit.