Bärenstark, tagesschau-Faktenfinder!

Als könnte »Kinder in der Corona-Krise« nicht durch Beliebiges ersetzt werden.

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Und sinnvolles Deutsch kann da auch wieder niemand: »Im Februar hatte das Hamburger Universitätsklinikum Eppendorf (UKE) den zweiten Teil seiner COPSY-Studie vorgestellt, an der mehr als 1000 Kinder und Jugendliche und mehr als 1600 Eltern teilgenommen hatten. Besonders aufschlussreich ist, dass mehr als 80 Prozent der Beteiligten bereits im Juni 2020 bei der ersten Umfrage mitgemacht hatten.« Der letzte Satz müsste lauten: »Besonders aufschlussreich ist die Studie, weil …«

Quelle: https://www.tagesschau.de/faktenfinder/corona-kinder-jugendliche-101.html

Ab- vs. angehalftert

Das selten und nur fachspezifisch vorkommende Gegenteil des journalistischen Alltagsworts abgehalftert ist übrigens nicht *gehalftert, sondern angehalftert ☝️ »Der angehalfterte Star/Schauspieler/Privatdetektiv/Astronaut/Virologe/Facebooker/Bundespräsident« klingt aber auch nicht besonders nett imo

Ganz hübsch fände und ausnahmsweise gerne läse ich einen Spiegel-Artikel unter der Überschrift: »Benedikt XVI. und Franziskus: Der große Vergleich des abgehalfterten und des angehalfterten Papstes«. Ach, und übrigens, am 20.01. werden Joe Biden und Kamala Harris zu Präsident und Vizepräsidentin der USA angehalftert. Hoffentlich lässt Trump sich schließlich doch wehrlos abhalftern. Dass mit Sandra Ciesek einer Kollegin Christian Drostens das Podcastmikro im Kampf gegen das Virus angehalftert wurde, war auch eine gute Entscheidung, da konnnten die leider immer noch angehalfterten Sexisten vom Spiegel noch so katastrophal schäbig daherinterviewen. Welcher Rechtsradikale nach der Abhalfterung Horst Seehofers als Innenminister angehalftert wird, steht auch noch in den Sternen. Aber auch die dann womöglich angehalfterten Mehrheitseigner Bündnis 90/Die Grünen dürften da, siehe Boris Palmer, keine Anhalfterungsschwierigkeiten haben.

»Gärtners kritischem Sonntagsfrühstück« zum Ende

Vor zwei Monaten schrieb Stefan Gärtner in seiner wöchentlichen Titanic-Kolumne »Gärtners kritisches Sonntagsfrühstück«: »Wer mehr als eine Hose hat (und ich habe gewiss sieben), darf sich immer fragen, ob der Gegenwert der spätestens dritten nicht bei der Flüchtlingshilfe anzulegen gewesen wäre«. Jetzt ging mir vor kurzem von meinen vier Hosen eine kaputt und so evident scheinen mir Gärtners hypotaxenschlagende Argumentationen seit je, dass ich mich frage, ob ich mir, trotz seiner eingestandenermaßen sieben, moralisch gesehen überhaupt eine neue kaufen darf.

Mit der heutigen Ausgabe endet seine Kolumne nach sieben bzw. zehn Jahren. All den Angegriffenen, Behandelten, Gemaßregelten des herrschenden Betriebs mag sie nichts geholfen haben; hat sie doch auch wohl niemand von ihnen je gelesen. Mir hat sie, Frühstück um Frühstück, viel geholfen. Ihr geringstes, wenngleich nicht geringes Verdienst wäre, dass ich um die Bedeutung des Ausdrucks »autochthon« weiß, und zwar, darum nicht gering, nicht nur im lexikalischen Sinne. Geholfen hat sie mir irgendwann so viel, dass ich Gärtner hin und wieder abwatschen mochte, weil er dann doch mal so gleißend danebenlag und etwa Frauen altherrenreaktionär ihren verbalen Umgang mit der Menstruation diktieren wollte.

Drum sei der Zukunft keine Träne vorausgeweint. Gedankt sei’s aber ihm.

Gefragt habe ich mich im übrigen immer, wie er es Woche für Woche schaffte, mitten in die Texte so passgenaue Zitate zu montieren, die eins oft erstmal kennen musste. Dass mir da das letzte – es sind die Schlusssätze aus dem meines Wissens letzten vom denkschulstiftenden Adorno publizierten Text, »Resignation« – nicht recht schmeckt, weil es ein bissl selbstgerecht schmeckelt, fügt sich immerhin ins Obige ein.

https://www.titanic-magazin.de/news/gaertners-kritisches-abschiedsfruehstueck-versuch-ueber-die-muedigkeit-11649/

Die arbeitenden Reifen

Der Sportteil unbewusst über den Status des Menschen: »Ohne Topzeiten zu produzieren, wählte der 35-Jährige [Lewis Hamilton] während des ersten Renndrittels häufig einen leicht weiteren Weg durch die Kurven und half den Reifen so, länger auf hohem Niveau zu arbeiten.« (Jo Herold auf tagesschau.de)

Seelenlose Gummidinger zeigen, wie arbeiten und funktionieren zu unmittelbar austauschbaren Synonymen erstarrt sind. Wenn obendrein der Rennfahrer seinen Rennreifen zur Arbeit auf hohem Niveau hilft, ist nicht die Vermenschlichung der Reifen vollendet, sondern die Verdinglichung des Fahrers.